Die Hitze vor dem Monsun

Es ist sechs Uhr morgens. Draußen beginnt es gerade hell zu werden. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und versuche mich von der klebrigen Isomatte loszulösen. Mein T-Shirt ist klatschnass geschwitzt, mein Haar hat sich über Nacht in eine harte Salzkruste verwandelt und der Film aus Schweiß, Sonnencreme und Staub auf der Haut ist alles andere als angenehm. Ich fühle mich wie gerädert. Erst um 3 Uhr nachts konnten wir einschlafen. Bei 34°C im Zelt war vorher nicht an Schlaf zu denken. Nun heißt es zügig zusammenpacken und die Stunden bis zur erbarmungslosen Mittagshitze nutzen. Zudem sind unsere Wasserreserven schon wieder aufgebraucht. Über 10 L Wasser haben wir seit gestern Abend getrunken. Das Frühstück (für das wir wiederum Wasser brauchen) muss daher ausfallen.

Waldbrand!

Waldbrand!

Die größte Herausforderung

Wir besuchen Süd-Sichuan zu einer ganz besonderen Zeit des Jahres. In nur wenigen Tagen wird hier die Regenzeit anbrechen und das Land über Monate hinweg erblühen lassen. In den Wochen zwischen Trocken- und Regenzeit ist die Region jedoch unglaublich heiß. Die Erde ist trocken und tief-rot gefärbt. Immer wieder beobachten wir an den Hängen große Waldbrände.
In den Mittagsstunden machen wir lange Pausen im Schatten und dösen, wie alle anderen hier, vor uns hin. Auf den Dörfern sitzen die Menschen gerne gemeinsam im Schatten und spielen Karten und Mahjong. Alle scheinen nur darauf zu warten, dass der Regen einsetzt und die Felder wieder bestellt werden können.

Körperliche Grenzen...

Körperliche Grenzen…

Bei 45°C im Schatten ist das Radfahren nur noch schwer vergnüglich. Zudem führt die Straße über zahlreiche Berge. Wir fahren also immer wieder bergauf und bergab. Sebastian scheint die Hitze etwas besser wegzustecken als ich. Doch der tagelange Schlafmangel und die enorme Hitze tagsüber schlagen mir stark auf den Kreislauf. Bislang dachte ich, dass die Überquerung der chinesischen Grenze bei -35 Grad im Winter, der Orkan in der Wüste oder die tibetischen Berge auf 4000 Metern unsere größten Herausforderungen waren. Doch die Hitze der letzten Tage bringt mich nun tatsächlich an meine körperlichen und mentalen Grenzen. Nein, wir sind viel zu weit gekommen um jetzt einfach aufzugeben! Doch wir hätten nie erwartet, dass dies einer der härtesten Teile der Reise sein würde. „Durchhalten! Bald kommt der Regen…“ lautet nun unsere Devise.

Entspannung im Teehaus.

Entspannung im Teehaus.

Von Teehäusern und Affen

Endlich erreichen wir die nächste größere Stadt: Miyi. Im ehemaligen Dormitory der alten Grundschule finden wir eine günstige und vor allem klimatisierte Unterkunft. Von unserem Zimmerfenster aus können wir die ehemaligen Klassenzimmer einsehen, die nun von jungen Familien bewohnt werden. Wir beschließen den späten Nachmittag entspannt ausklingen zu lassen und besuchen das Teehaus. Schnell bringt uns die Kellnerin Klapptisch und Stühle und baut alles unter einem schattenspendenen Fikus auf (so einen hatten wir in unserer alten Wohnung auf der Fensterbank). Auf der Karte stehen Grüner- und Jasmin-Tee. Wir entscheiden uns für ein großes (Bier-)Glas Jasmin-Tee und lassen uns dazu eine Kanne heißes Wasser auf den Tisch stellen. Umgeben von zahlreichen Skat-Runden, Frauen-Tee-Kränzchen und spielenden Kindern genießen wir den Nachmittag.

Mitten in der Stadt: Ein Affe!

Mitten in der Stadt: Ein Affe!

Doch plötzlich werden wir aus unserer Ruhe gerissen. Am Straßenrand hat sich eine Gruppe Menschen versammelt und schaut staunend in einen Baum hinauf. Von weitem können wir sehen, dass ein Mann immer wieder eine Plastik-Flasche in den Baum hinauf wirft, die dann wieder auf den Asphalt knallt. Wir können uns die Neugierde nicht verkneifen und mischen uns unter die Menschenmenge. Wahnsinn! Das hätten wir nicht erwartet: Hier, mitten in der Stadt, sitzt ein Affe im Baum. Er hat bereits eine Flasche in der Hand, die er gekonnt aufschraubt und einen Schluck nimmt. Doch das Getränk scheint ihm nicht zu munden und so werden die ersten Reihen etwas nass, als die Flasche wieder nach unten schnellt.
Wow! Was für ein Tag. Nicht immer müssen wir also Strampeln und Schwitzen. Es ist doch unglaublich, wie viel man erleben kann, wenn man sich einfach zurücklehnt und mal Fünfe grade sein lässt.

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2 Comments

  1. Hallo ihr Lieben,

    Ich war einmal zu dieser Jahreszeit in Ho-Chi-Minh City (Saigon). Je weiter Ihr nach Süden radelt, umso schlimmer wird es mit der Hitze und der Luftfeuchtigkeit. Aber, hohe Luftfeuchtigkeit hält die Haut geschmeidig, sagt man. Ihr schafft dass schon. Viel Spass.

    M:)

    • Melanie & Sebastian
      Melanie & Sebastian

      Hallo (Schwieger-)Papa, danke für deine netten Zeilen! Inzwischen sind wir in Kunming und das Wetter hier ist deutlich angenehmer. Seit heute regnet es auch endlich und wir hoffen, dass es nun auch für die weitere Strecke etwas abkühlt. Ganz liebe Grüße nach Kalifornien, Mellie & Basti

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